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Karikaturinterpretation:              „Kehraus“ der Monarchen
Die vorliegende Karikatur stellt die Niederschlagung der europäischen Revolutionen im Jahre 1849 durch die
wiedererstarkten Monarchen und die daraus resultierende Flucht der deutschen Revolutionäre dar, wobei speziell
auf Deutschland als „Konfliktherd“ eingegangen wird.
Auf dem europäischen Festland wüteten zu dieser Zeit die Konterrevolutionen:
In Deutschland wurde die Paulskirchenversammlung durch Preußens Militärschläge aufgelöst und der
Revolution mit dem Zerschlagen der sich daraus ergebenden Aufstände der letzte Todesstoss gegeben.
Frankreich hatte dieses Ziel schon früher mit der Niederschlagung des Juniaufstandes erreicht, in dem die Pariser
Arbeiter sich gegen die Bestrebungen des französischen Großbürgertums, das die Erfolge der Februarrevolution
rückgängig machen wollte, auflehnte.
Österreich gelang es mit Hilfe Russlands die ungarische Unabhängigkeitsbewegung noch im allerletzten
Moment abzuwenden, da das ungarische Parlament die Unabhängigkeit von Habsburg schon verkündet hatte.
Auch in Norditalien gelang es den Habsburgern die Befreiungsbestrebungen aufzuhalten.
Im Osten Deutschlands war der nationale Unabhängigkeitswunsch der Polen in dem zu Preußen gehörenden
Posen ebenfalls von der Militärmacht unterdrückt worden.
Als Reaktion auf die Niederschlagungen der Revolutionen verließen viele Revolutionäre ihre Heimatländer, da
sie eine politische Verfolgung durch die wiedererstarkten Monarchen zu fürchten hatten. Als Fluchtorte boten
sich Amerika oder die neutrale Schweiz an, die zu dieser Zeit schon das in ihrem Land verwirklicht hatte, was
Teil der revolutionären Forderungen gewesen war. Sie war 1848 ein Bundesstaat mit demokratischer
Verfassung, die die Gewaltenteilung und ein allgemeines Männerwahlrecht beinhaltete, geworden.
Einen Erfolg konnte zu dieser Zeit das kleine Königreich Dänemark erleben, das mit der Schleswig- Holstein
Frage, der Frage zu wessen Staatsgebiet die untrennbaren Gebiete Schleswig und Holstein gehören sollten, zum
Scheitern der deutschen Revolution beitrug und so einen Sieg über die Großmacht Preußen errang.
In den Niederlanden fand als Reaktion auf die Revolutionen in Europa die Umwandlung der Monarchie in eine
parlamentarische Monarchie statt, es wurde also eine Reform von oben eingeleitet, wodurch auflodernde
revolutionäre Tendenzen verhindert oder zumindest geschwächt wurden. Außerdem konzentrierten sich die
Niederlande auf ihren Handel, wie dies auch bei Großbritannien der Fall war, das am Höhepunkt seiner
kolonialen Macht und in voller wirtschaftlicher Blüte stand. Durch den wirtschaftlichen Wohlstand wurden die
Karikatur zur Revolution 1948 – Kehraus der Monarchen
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gesellschaftspolitischen Unruhen überlagert, ein Überschwappen der revolutionären Welle konnte nicht
stattfinden. Das Volk schien aber dennoch nicht so stark an dem Wohlstand teilhaben zu können, da es bettelnd
auftritt. Die Monarchie stützte sich außerdem auf die anglikanische Kirche und das Parlament, die eine
konservative Politik verfolgten.
Die Karikatur zeigt eine Landkarte Europas auf der die Großmächte Preußen, Frankreich, Österreich, Russland
und Großbritannien dominieren. Preußen ist dabei die Revolutionäre aus dem Land zu kehren, wobei Frankreich
hilfsbereit den Weg weist. Im Osten schlägt Österreich mit russischer Hilfe erfolgreich die Revolution der
Ungarn nieder, während im Westen die Königin von Großbritannien zu neuen Zielen aufbricht.
Grundlage für die Karikatur bildet eine Landkarte, die sich vom unteren Drittel Englands über Deutschland,
Teile Polens, Russlands und Österreichs im Osten und die Niederlande, Brüssel, und Teilen Frankreichs über die
Schweiz bis zu einem kleinen Teil Norditaliens erstreckt. Auf ihr sind die jeweiligen Landeshauptstädte bzw.
die, für die Revolutionen relevanten Städte, Frankfurt, Dresden, Stuttgart und München, eingezeichnet. Ebenso
sind Teile des Atlantiks und der Nordsee zu sehen.
In den größeren Ländern England, Frankreich, Dänemark, Deutschland, Österreich und Russland, befinden sich
die Staatsoberhäupter der jeweiligen Nationen, bei denen es sich allesamt um Monarchen bzw. im Falle von
Russland um einen Zaren handelt.
Der preußische Herrscher befindet sich in der Mitte des Bildes und damit gleichzeitig auch in der Mitte
Deutschlands. Ihm wird eine besondere Stellung zugeteilt, da er nicht nur durch seine zentrale Position, sondern
auch durch seine, die anderen Personen der Karikatur übertreffende, Größe und seine Farbigkeit bzw. sein
dunkles Gewand, auffällt. Dass es sich hierbei um den preußischen König Friedrich Wilhelm IV handeln muss,
kann man an zwei Dingen erkennen: Zum einen trägt er den Helm der preußischen Armee und zum anderen hat
er ein Kreuz um den Hals, das an einer Kette hängt. Dies symbolisiert die Kirche, d.h. er ist wieder Monarch von
Gottes Gnaden und herrscht über die Kirche mit. Er ist wohlgenährt, was zu seiner Größe und Macht, gerade im
Vergleich zum schlanken französischen Herrscher,  beiträgt. In Preußens Schatten flüchten sich die deutschen
Fürsten der Teilstaaten, angeführt vom Königreich Sachsen und Hannover, was an den Wappen zu erkennen ist.
Sie sind nur mit einem Hemd bekleidet und unterstützen den preußischen Monarchen mit wilder Gestik, d.h. sie
sind entmachtet und können nicht mit Taten dienen. Zwei von ihnen scheinen fast noch Kinder zu sein, was die
Labilität und Schwäche der einzelnen Fürsten ohne den großen, mächtigen preußischen Monarchen, und damit
ihre Abhängigkeit von ihm, ausdrückt. Der preußische Herrscher hält einen langen Besen in der Hand, mit dem
er die Revolutionäre aus Deutschland herauskehrt. Dabei hat er ein selbstzufriedenes, spöttisches Lächeln auf
dem Gesicht, was seine Überlegenheit unterstreicht und seinen Sieg über die Revolutionäre verdeutlicht. Er hat
nun wieder die alleinige Macht und kann sie wie „Dreck“ aus dem Land herauskehren.
Bei den Revolutionären handelt es sich um eine kleine Gruppe Männer, die alle mit dem Hecker Hut, einem
Revolutionszeichen, und Waffen ausgestattet sind. Sie werden von Hecker selbst, dem bekanntesten
Revolutionär der Revolution 1848 angeführt. Er wollte die Menschen durch seinen „Heckerzug“ durch
Deutschland zur Revolution bewegen, doch nun findet dieser sein Ende unverrichteter Dinge in der Schweiz.
Ebenso tragen sie die deutsche Fahne mit sich, d.h. sie nehmen ihr Revolutionsziel, das von einem deutschen
Nationalstaat, mit. Ihre Schwäche und ihr Scheitern gegenüber dem Monarchen werden durch die
Größenverhältnisse ausgedrückt. Die Revolutionäre sind sehr klein gegenüber dem großen, mächtigen
Monarchen.
Im Hintergrund der Revolutionäre steckt die deutsche Fahne wie eine Nadel in Frankfurt. Sie ist zerfetzt und
unter ihr hängt ein zerrissenes Hemd, so dass dieses Gebilde wie eine Vogelscheuche aussieht. Insgesamt wird
das Scheitern der Nationalversammlung deutlich, sie wurde durch die Monarchen zersprengt, die Verfassung
bildlich zerrissen. Am Rand des Fluchtweges der Revolutionäre ist ein Galgen aufgebaut, an dem schon ein
Revolutionär, erkennbar am „Hecker-Hut“ hängt, d.h. ihnen bleibt keine andere Wahl als die Flucht, ansonsten
werden sie umgebracht. Die Zensur des Monarchen hat wieder die Gewalt über die deutschen Teilstaaten
gewonnen. Preußen ist folglich zu seiner Vormachtstellung als deutsche Großmacht zurückgekehrt und schlägt
mit breit angelegten Militäraktionen die letzten Überreste der Revolution nieder. Ein Deutschland der Teilstaaten
unter Führung Preußens, d.h. mehr oder weniger eine Rückkehr zur Ordnung vor der Revolution von 1848,
scheint die Antwort auf den gescheiterten Lösungsversuch der Deutschen Frage. Zu dieser Ordnung und zu
Preußens Machtstellung trug der Erfolg des Dreikönigsbündnisses von Preußen mit Sachsen und Hannover bei,
was auf der Karikatur durch die Flucht der Könige der deutschen Kleinstaaten unter den „Rockzipfel“ Preußens
und deren Größenverhältnis zueinander verdeutlicht wird. Am Wappen sind die Könige von Sachsen und
Hannover zu identifizieren. Die Tatsache, dass Preußen die Auflösung des Paulskirchen Parlamentes gelungen
ist, veranlasst den preußischen Monarchen zu einem spöttischen, selbstzufriedenen Blick gen Frankfurt, wo die
letzten Überreste des revolutionären Geistes, eine zerrissene Deutschlandfahne, als Vogelscheuche steht.
Aufstände im ganzen Land vor allem in den Teilstaaten Sachsen, Bayern und Baden wurden niedergeschlagen
und die Revolutionäre vertrieben.
Diese flüchten in die Schweiz unter die schweizerische Jakobinermütze, auf der noch die Revolutionszeichen,
z.B. die phrygische Mütze zu sehen sind, d.h. die Schweiz gewährt ihnen in Folge ihrer immerwährenden
Neutralität Zuflucht. Ebenso sehen die Revolutionäre in der Schweiz das verwirklicht, dessen Umsetzung ihnen
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nicht gelungen ist. Die Schweiz wurde 1848 in einen Bundesstaat umgewandelt und gab sich eine demokratische
Verfassung, in der das Prinzip der Gewaltenteilung verwirklicht und ein allgemeines Wahlrecht für Männer
garantiert wurde. Auf der Mütze ist ein weiteres Kreuz, d.h. ein Symbol der Kirche zu sehen, was die in der
Schweiz herrschenden religiösen Spannungen zwischen protestantischer und katholischer Kirche verdeutlichen
könnte. Auch wird auf die „Helvetische Republik“ angespielt, ein Zeichen für den revolutionären Geist, der auch
in der Schweiz mit Beginn der Französischen Revolution aufflackerte.
Unterhalb der schweizerischen Jakobinermütze steht der französische Präsident der Zweiten Republik, Louis
Napoleon, der dem preußischen Kaiser hilfsbereit zulächelt und ihm einen Hinweis dafür gibt, was er mit den
Revolutionären machen soll. Anzunehmen ist auch, dass der preußische Monarch den Fluchtweg der
Revolutionäre in die Schweiz nicht miteingerechnet hat, da die Richtung nach Frankreich und von dort aus über
den Atlantik nach Amerika anvisiert wurde. Der Franzose verweist auf diese Möglichkeit, und zeigt damit an,
was viele Revolutionäre aus Angst vor der „Säuberungswut“, d.h. der politischen Verfolgung der Monarchen,
taten: Sie wanderten nach Amerika aus.
Der französische Herrscher an sich nimmt eine aufrechte Haltung ein und ist in der Uniform eines Generals
gekleidet. Er wirkt selbstbewusst, da er sein Land zuvor schon gesäubert hat, indem die Junirevolution der
Pariser Arbeiter von der Regierung blutig niedergeschlagen wurde. Die Revolutionäre sitzen bewacht von
Soldaten in Booten mit dem möglichen  Ziel Amerika, wo Revolutionäre aus ganz Europa Zuflucht suchten, um
der politischen Verfolgung durch das restaurative Vorgehen der Monarchen zu entgehen.
Dort suchten Revolutionäre aus ganz Europa Zuflucht um der politischen Verfolgung durch das restaurative
Vorgehen der Monarchen zu entgehen.
Frankreich ist leer, der französische Herrscher hat allen Grund für sein zufriedenes Lächeln, aller revolutionäre
Geist ist erstickt, kein revolutionäres Zeichen mehr sichtbar. Er hält den Besen aufrecht in der Hand. Im
Größenvergleich ist er ungefähr gleich groß wie der preußische Monarch, aber insgesamt schlanker und von
einer aufrechteren würdevollen Haltung geprägt. Auch von der Farbigkeit nimmt er sich eher zurück. Daher
scheint das Mächtegleichgewicht zwischen Preußen und Frankreich ausgeglichen zu sein.
Im Osten Europas wiederholt sich die Niederschlagung der Revolution, das Leitmotiv der Karikatur. Der
Monarch von Österreich Franz Joseph I kämpft im Bündnis mit dem russischen Zaren gegen die Ungarn.
Auch diese Dreierkonstellation wird von den Größenverhältnissen bestimmt. Der Habsburger ist die größte der
drei Figuren, hat also die meiste Macht. Seine Zugehörigkeit zur österreichischen Monarchie kann man an dem
doppelköpfigen Adler, das Zeichen Habsburgs erkennen. Er holt mit seinem Schwert weit zum Schlag gegen den
ungarischen Reichsverweser Lajos Kossuth aus. Unterstützt wird er bei diesem Vorgehen durch den russischen
Zaren Nikolaus I, zu erkennen an seinem Gewand und seiner Pelzmütze. Im Vergleich zum österreichischen
Herrscher ist der Zar kleiner, verfügt also über weniger Macht. Aber auch er holt mit dem Schwert aus, um den
Ungarn nieder zu schlagen. Dieser ist der kleinste im Bunde, sozusagen das Opfer gegen das sich alle
militärischen Vorgehensweisen richten. Er hat die Hand flehend zum österreichischen Monarchen erhoben, wird
dabei aber von Russland festgehalten, um ihn daran zu hindern. Auch der um Gnade flehende Gesichtsausdruck
kann nichts bewirken, da der habsburgische Herrscher seinen Helm so weit ins Gesicht gezogen hat, dass seine
Augen vollkommen bedeckt sind, er also überhaupt nichts mehr sieht, sondern blind zurückschlägt. Der Ungar
wirkt zudem wie ein stolperndes Kind, das sich von seiner „Mutter“ Habsburg loslösen und selbständig zu einem
Staat heranwachsen möchte.
Der Habsburger Monarch sowie der russische Zar haben einen grimmigen, harten Gesichtsausdruck, was ihre
wilde Entschlossenheit zur Niederschlagung der ungarischen Revolution verdeutlicht.
Österreich brauchte 1849 die Hilfe Russlands um die Unabhängigkeitsbestrebungen der Ungarn zu unterdrücken,
die diese den Habsburgern schon deutlich genug gezeigt hatten, indem sie im Parlament ihre Unabhängigkeit
erklärt hatten.
Die Blindheit Österreichs hat noch weitere Folgen. Im Süden Deutschlands verbrüdern sich nämlich die beiden
Teilstaaten Württemberg und Bayern. Sie werden jeweils durch den Prototypen des dicklichen Bayers und dem
knauserig wirkenden Württemberger verkörpert. Beide haben einen grimmigen Gesichtsausdruck, d.h. sie
widersetzen sich dem „Kehraus“ durch Preußen und nutzen die Blindheit Österreichs, das in Ungarn beschäftigt
ist, um sich zusammenzuschließen. Württemberg guckt spöttisch auf die fliehenden Revolutionäre und scheint
sogar zu lachen, da sie es im Gegensatz zu ihnen zu etwas gebracht haben. Bayern guckt eher argwöhnisch auf
die Ereignisse in Ungarn, vielleicht weil es von dem Zusammenschluss noch nicht ganz überzeugt ist und die
Rache Habsburgs fürchtet. Die beiden Teilstaaten stellen sozusagen den revolutionären Kern dar, da die
Revolution vor allem im Südwesten Deutschlands immer wieder aufflackerte und sich das noch von der
Zerschlagung der Paulskirchenversammlung gebliebene Rumpfparlament in Stuttgart befand, bis auch
schließlich dies von der Konterrevolution „weggefegt“ wurde.
Eine weitere revolutionäre Niederlage findet sich oben rechts auf der Karikatur in Polen. Dort ist kein Herrscher
zu sehen, sondern nur die Überreste einer Revolution. Ein Kerzenauslöscher und eine verloschene Kerze liegen
bzw. stehen nebeneinander. Der Kerzenauslöscher ist ein Symbol für die, durch die Niederschlagung der
nationalen polnischen Unabhängigkeitsbewegung im, zu Preußen gehörenden, Posen von Preußen
wiedereingeführte Zensur. Die Kerze ist mehrdeutig, führt aber mehr oder weniger zum selben Ergebnis,
nämlich, dass das Alte wiedereingetreten ist und die Revolution niedergeworfen wurde. Sie könnte als Zeichen
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für den revolutionären Geist stehen, der zu Revolutionszeiten stetig gebrannt, dann aber bei der militärischen
Unterwerfung von Preußen erstickt wurde. Zugleich brachte die revolutionäre Flamme Licht in die herrschende
Zensur und durchleuchtete die politischen und sozialen Missstände. Durch das Erlöschen der Kerze versinkt
Polen also wieder im vorrevolutionären Dunkel seiner Zeit.
Weiter nördlich, in Dänemark bietet sich ein gänzlich anderes Bild: Dort ist der dänische Monarch zu sehen, der
wie Rumpelstilzchen von einem Bein auf das andere hüpft und sich lachend die Hand vor den Mund hält, er freut
sich also sichtlich über die Bemühungen Preußens die Revolutionäre von Norden nach Süden aus dem Land zu
kehren. Dänemarks Schadenfreude lässt sich dadurch erklären, dass es in der Schleswig-Holstein Frage einen
Triumph über Preußen erzielt hat und das Gebiet von Schleswig-Holstein nun zu seinem Staatsterritorium zählen
kann. Die Niederlage Preußens wurde im Frieden von Malmö festgeschrieben und Dänemark, die „kleine“
Macht, was durch die Größenverhältnisse auf der Karikatur deutlich wird, hat die „Großmacht“ Preußen in die
Knie gezwungen. Außerdem ist die Schleswig- Holstein Frage ein weiterer Beweis für das Scheitern der
Revolution, da sie die Schwäche der Nationalversammlung und die Unmöglichkeit einer deutschen
Nationalstaatsbildung verdeutlicht.
Die kleineren Staaten Niederlande und Belgien weisen keine revolutionären Zeichen auf. In den Niederlanden
stehen ein Fass und ein Paketballen, was auf Holland als Handels- und Kolonialmacht hindeutet. Deshalb
überwiegt bei ihnen das wirtschaftliche Interesse und revolutionäre Tendenzen sind deswegen vielleicht nicht so
stark vorhanden, bzw. wurden diese durch Reformen von oben als Reaktion des niederländischen Monarchen auf
die deutsche Revolution 1848, gedämpft. Zu dieser Zeit wurde das Staatssystem der Niederlande  zu einer
parlamentarischen Monarchie umgewandelt und die konfessionellen Beschränkungen aufgehoben.
Wenn man das europäische Festland verlässt und den Blick Großbritannien zuwendet, bietet sich einem ein
gänzlich anderes Bild.
Königin Viktoria fährt mit einem Baby, dem Thronfolger, in einer Kutsche, die von einem Löwen und einem
Einhorn gezogen wird. Sie ist von wohlgenährter Natur und hat den Blick auf ihr Baby gerichtet, wodurch auf
einen wichtigen viktorianischen Wert, ein inniges Familienleben, angespielt wird. Damit wendet sie sich
zugleich aber vom Elend der Bevölkerung ab. Diese wird durch Skelette verkörpert, die mit einem Hut bettelnd
auf die Kutsche zurennen. Dem englischen Volk schien es zu dieser Zeit also sehr schlecht zugehen, obwohl
Großbritannien sich in voller wirtschaftlicher Blüte und auf dem Höhepunkt seiner Kolonialmacht befand. Der
Königshof wird wohlgenährt und ignorant gegenüber den Belangen des Volkes dargestellt.
Die Kutsche wird von einem Einhorn, das Symbol für die Kirche, und einem Löwen gezogen. Letzterer hat eine
Perücke auf, wodurch man stark an einen Richter erinnert wird. Er steht folglich für die Justiz bzw. das
Parlament Englands, auf das die englische Monarchie angewiesen ist. Beide Einhorn und Löwe, d.h.
anglikanische Kirche und Parlament zusammen, ziehen die Kutsche der Queen, d.h. stützen die Monarchie. Auch
äugen beide argwöhnisch auf die Ereignisse auf dem europäischen Festland, da in England keine solchen
Probleme vorhanden sind. Der Löwe streckt sogar seine Zunge heraus, was seinen Spott ausdrückt und beide
schauen relativ böse. Vielleicht will ihr Blick auch sagen, dass es nur einer starken Monarchie bedarf, um
Revolutionen zu verhindern und sie verhöhnen die deutsche Schwäche, die die Ereignisse im Land erst jetzt
wieder unter ihre Kontrolle bekommt. Die Revolutionswelle schwappte folglich nicht nach Großbritannien über,
da die gesellschaftspolitischen Auseinandersetzungen hinter dem wirtschaftlichen Hoch zurücktraten und die
Gesellschaft von einem starken Konservatismus geprägt war.
Gelenkt wird die Kutsche von einem mit einem Hut mit Flügeln und einem beflügelten Zepter ausgestatteten
kräftigen Mann mit vorrausschauendem Blick. Hier wird der Götterbote Hermes dargestellt, der den
Eroberungswillen und die Handelsmacht der Engländer ausdrückt. Hermes ist der Gott des Handels und der
Beschützer der Händler, er bringt Glück und Wohlstand. Dies alles bekräftigt noch einmal die Wirtschaftsmacht
Großbritanniens und ihre Überlegenheit als Kolonialmacht. Die Kutsche steuert Afrika zu, wo England auch
Kolonien besaß.
Neben der Kutsche läuft noch ein kleiner Hund, ein Mops, der ein Zeichen für den Wohlstand zu dieser Zeit war
und auch oft auf Gemälden von Königen dieser Zeit zu sehen ist. Im Größenvergleich nimmt sich die Kutsche
mit der Queen eher zurück, entspricht aber in ungefähr der Größe des preußischen Monarchen. Dennoch nimmt
sie sich in der Farbigkeit zurück, so dass sie auf den ersten Blick eher im Hintergrund steht, während der
preußische Herrscher sofort ins Auge springt. Dies ist dadurch zu erklären, dass sich Großbritannien von den
Ereignissen auf dem Kontinent abgrenzte und sie eher argwöhnisch beäugte. Sie verfolgten mit ihrer Politik
vorrangig wirtschaftliche Ziele und konzentrierten sich auf ihre Kolonien.
Unterhalb von England befindet sich noch ein Wal, der aber wahrscheinlich weniger symbolische Bedeutung hat
und nur den atlantischen Ozean, das große weite Meer, illustrieren soll.
Ein weiteres Detail der Karikatur ist die Inschrift „Deutsche Flotte“ in der Ostsee, die wahrscheinlich den
Stationierungspunkt der deutschen Flotte angeben und eventuell einen weiteren Konfliktherd wiedergeben soll.
Der Süden unterhalb von Deutschland ist leider nicht mehr genau zu erkennen, nur eine Fahnenspitze ragt noch
in die Karikatur hinein. Diese scheint zu brennen, was auf die Niederschlagung der Revolution in Norditalien
hindeutet, deren Befreiungsbewegung von habsburgischen Truppen zerschlagen wurde.
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Zusammenfassend wird mit der Karikatur der Sieg der Monarchien über die Revolutionäre festgehalten, bei der
die Motivation von Preußen ausgeht. Zugleich wird dieses aber auch verspottet, d.h. die Karikatur kann nicht
eindeutig einem monarchisch gesinnten Zeichner zugeordnet werden, zudem auch das Entstehungsdatum
unbekannt ist. Ganz sicher stammt sie aber nicht aus revolutionärer Hand, da diese ihre Niederlage anders bzw.
vielleicht gar nicht verdeutlicht hätten. Den Adressaten soll sie einen Überblick über die politische Lage Europas
1849 geben und ihnen das Scheitern der Revolutionen in Europa verdeutlichen. Der Karikaturist überzeichnet
insbesondere die wiedergewonnene Macht der Monarchen, die durch die Größenverhältnisse dargestellt wird,
um die Menschen darauf aufmerksam zu machen, dass sie die Flucht „nach hinten“, zum Alten zurück, ergriffen
haben , bzw. nicht entschlossen genug waren die Revolution bis zum bitteren Ende durchzuführen.
Die Sicht des Karikaturisten ist sehr realistisch und sollte sich für die zukünftigen europäischen
Machtverhältnisse bewahrheiten:
Europa, mit Ausnahme der Schweiz, wurde wieder von Monarchen regiert, die ihre Vormachtsstellung
gegenüber den revolutionären Tendenzen ausgebaut und gefestigt hatten. Frankreichs „Zweite Republik“ sollte
sich nur drei Jahre später in ein „Zweites Kaiserreich“ mit Napoleon III als Staatsoberhaupt verwandeln.
Diese Monarchen betrieben eine Politik im restaurativen Sinne, d.h. sie kehrten zu den vorrevolutionären
Zuständen zurück, ohne jedoch die territorialen Änderungen rückgängig zu machen. Die politische Teilhabe der
breiten Bevölkerung war wieder eingeschränkt, alle Befehlsmacht lag in den Händen des Monarchen
konzentriert. Somit war eine große Revolutionswelle am Felsen der standfesten traditionellen Monarchien
gebrochen und der Kampf um das Mächtegleichgewicht in Europa ging weiter. Doch der Funke der nationalen
Unabhängigkeit einzelner Staaten von den Großmächten, z.B. Ungarn von Österreich, war entzündet worden und
sollte sich noch in folgenden Kriegen entladen. Auch hatte eine wichtige Politisierungen der breiten Bevölkerung
stattgefunden, es konnte also nicht aller „revolutionäre Staub“ weggekehrt werden.
                                                                                                             Svenja Rauch
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